Herbst MMX: So geht es weiter.

Erreichen eigentlich die Künstler unserer Tage ihre Zeitgenossen noch? Sind sie in der Lage den Blitzlicht-Gewittern, den allgegenwärtigen bewegten, aber kaum noch bewegenden Bildern, den penetranten Verkündern, Verheißern und Verführern aus Wirtschaft, Technik, Politik und Unterhaltungs-Industrie etwas entgegen zu setzen? Gibt es sie überhaupt noch, die Eigenbrödler und Spinner, Narren und Poeten, Neugierigen, Fragenden, Zweifelnden, in ihren Nischen, Ateliers und Dichterstuben? Jene, die Melancholie und Hoffnung beschreiben, Vergangenheit und Einsamkeit besingen, Träume und Utopien malen? Mehr als der Frühling, war deren Jahreszeit immer schon der Herbst.

Der Herbst heute, ist eine schnelle, übervolle, arbeitsreiche und hektische, aber auch spannende, an Eindrücken reiche, Jahreszeit. Für Dichter und andere Künstler dankbar und ergiebig. Dabei nicht stürmend und drängend, aber immer wieder stürmisch und bewegend. Er macht herrlich traurig und kreativ, regt an zu Nachdenklichkeit und tätigem Rückzug.

Emil Nolde: Abendhimmel

Reiche Ernte für Beobachter,  Berichterstatter, Chronisten und in der Folge die Qual der Wahl, was wert erscheint notiert und weitergegeben zu werden. Für dieses Blog sind für die nächsten Wochen und Monate deshalb Sichtung und Auswahl gefragt. Erste Entscheidungen zeichnen sich bereits ab: Es geht zu literarischen Orten in Württemberg, Argentinien, Niedersachsen. Es gibt Neues von Günther Grass, Michael Ebmeyer, Arno Schmidt. Arno Schmidt wird uns dann noch in einer ganz alten Geschichte begegnen, in der auch Hermann Hesse mitspielt. Und an Thomas Mann kommen wir einmal mehr auch nicht vorbei.

Rings, ein Verstummen, ein Entfärben: / Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, / Sein welkes Lauf ihm abzuschmeicheln; / Ich liebe dieses milde Sterben.

So dichtete einst Nikolaus Lenau. Die Wenigsten leben heute noch im Einklang mit dem natürlichen Jahreslauf, dem Rhythmus der Jahreszeiten. Der Herbst 2010 wird sein wie die meisten in den letzten Jahren: Übervoll mit Ereignissen, Neuigkeiten, Aufgeregtheiten, Hektik, Nervosität und Konsum. Man kann das bedauern oder sich kopfschüttelnd abwenden. Man kann auch versuchen, mit gezielter Auslese und genussvoller Beschränkung einen eigenen Weg zu gehen. Durch Herbstgewitter, späte Sonnentage und lichte Nebel. Dabei freue ich mich über alle, die gelegentlich in den kleinen Seitenpfad zu „Literatur*Orte*Spuren“ abbiegen.

Ein Gedanke zu „Herbst MMX: So geht es weiter.

  1. Da schwant mir nichts Gutes: Arno Schmidt und Hermann Hesse- nicht nur Welten, sondern ganze literarische Galaxien liegen zwischen diesen beiden Wortkünstlern. Man kann sich einigermaßen vorstellen, wie der Meister aus Bargfeld genüsslich und triefend vor Spott und ausdauernd über den Meister aus Montagnola lästert…Gibt es da nicht auch ähnlich gelagerte AS-Zitate über Richard Wagner??

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