Weil er in diesem Jahr so früh kommt…

 

…beginnt die neue con=libri-Saison mit zwei Herbstgedichten

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Verfall

(von Georg Trakl, 3. 2. 1887 – 3.11.1914)

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,

Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.

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Zum hundertsten Todesjahr des Dichters erschien eine bewährte Biographie in neuer, aktualisierter Bearbeitung: Weichselbaum, Hans: Georg Trakl. – Otto Müller, 2014

Fast Alles von Georg Trakl findet man in: Trakl, Georg: Das dichterische Werk. – DTV, 2008

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Und für alle, denen dieses für Trakl so typische Werk zu schwermütig ist, noch dies:

Äpfellese

(von Hoffmann von Fallersleben, 2.4.1798 – 19.1.1874)

Das ist ein reicher Segen
In Gärten und an Wegen!
Die Bäume brechen fast.
Wie voll doch alles hangelt!
Wie lieblich schwebt und pranget
Der Äpfel goldne Last!

Jetzt auf den Baum gestiegen!
Lasst uns die Zweige biegen,
Dass jedes pflücken kann!
Wie hoch die Äpfel hangen,
Wir holen sie mit Stangen
Und Haken all‘ heran.

Und ist das Werk vollendet,
So wird auch uns gespendet
Ein Lohn für unsern Fleiß.
Dann zieh’n wir fort und bringen
Die Äpfel heim und singen
Dem Herbste Lob und Preis.

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Mehr Lyrik zur Jahreszeit bietet ein schmales, leichtes und wohlfeiles Bändchen: Polt-Heinzl, Evelyne: Herbstgedichte. – Reclam, 2012

Sudeleien. Oktober 2012

Im Herbst-Licht

„Die heißen Tage, so lang sie waren, loderten weg wie brennende Fahnen.“
(H. Hesse: Klingsors letzter Sommer)

Beim Sovormichhindösen in einen Sonntag-Nachmittag hinein, dachte ich mit Wehmut an die wieder einmal viel zu schnell dahin gegangenen Sommerwochen und das zunehmend schwindende Tageslicht des längst angebrochenen letzten Jahresviertels. Nach dem grell hellen Sommerlicht und vor dem glitzernden Blenden eisiger Wintertage, verwöhnt für kurze Zeit der abends golden schimmernde Schein des Herbstes. Besonders stimmungsvoll zu erleben in der hügeligen Landschaft zwischen Donau und Bodensee, mit ihrer Kulisse aus Barockklöstern, kleinen Städten, stillen Weihern, sich bunt färbenden Wäldern und von erstem Reif überzogenen Wiesen. Der Maler André Ficus konnte diese Wetter- und Jahreszeiten-Stimmungen besonders eindrucksvoll darstellen. Zu sehen zum Beispiel in einem schönen Band mit Aquarellen von Landschafts- und Wetterimpressionen des Bodensee-Ufers. Martin Walser hat kleine Texte dazu geschrieben. Das Buch trägt den treffenden Titel „Heimatlob“.

Manchmal verlege ich das Vormichhindösen ins Schummer-Dämmer unseres altstädtischen Szene-Cafés „Heller Barde“. War es in meinen jugendbewegten Jahren üblich, dass man sich hier mit Zeitung oder Roman, Gedichtband oder linkem Pamphlet, zu ausgiebiger Lektüre niederließ, verhindert heutigentags luxuriöses, aber ausgesprochen luxarmes Licht-Design, diesen wohl etwas überholten Zeitvertreib. Und mit Wehmut gedenkt man der Zeiten, als es noch nicht unüblich war, Gelesenes heftig aber freundschaftlich zu diskutieren und in langen Gesprächen unter verschiedensten realen und visionären Gesichtspunkten zu erörtern. Denken war dabei nicht nur denkbar, sondern durchaus auch erwünscht und weitverbreitet üblich – Smartphones, Pads und Pods allerdings noch Phantasie-Produkte ambitionierter Science-Fiction-Autoren.

Und wär’ ich Wirt, so hieße mein gastliches Haus Denk-Bar und „Tritt ein, genieß und lies!“ stünd’ über dem Portal.

“Lux ist die Einheit der abgeleiteten Größe Beleuchtungsstärke und der ihr entsprechenden Emittergröße, der spezifischen Lichtausstrahlung. Ihr Einheitenzeichen ist: lx. Der Name leitet sich von der lateinischen Bezeichnung lux für Licht ab. Die Beleuchtungsstärke in lx erhält man aus dem Quotienten der Lichtstärke einer punktförmigen Lichtquelle in cd und dem Quadrat der Entfernung in m: 1 lx = 1 lm / m².” (Nach Wikipedia)

“Alles kommt auf die Beleuchtung an“, wusste schon der alte Fontane. An vielen Orten, in vielen Räumen unseres alltäglichen Aufenthalts hat Lux pro Mensch in den letzten Jahren offensichtlich stark abgenommen (oder sagt man treffender: nachgelassen?). In den Kaschemmen, in den überfüllten Vehikeln des Massentransports, in Gäßchen und Durchlässen unserer Städte, in Wartesälen und Wandelhallen: So viele fahle Funseln. Nicht jeder Leser ist eine Leuchte, doch jeder Leser braucht eine. Eine Lampe oder andere Lichtquelle, die erhellt, bescheint, mühelose Lektüre ermöglicht. Und seien es auch nur jene e-u-verordneten energiesparenden Leuchtstoffe, die ihre volle Lux-Entfaltung erst nach Lichtjahren gewähren.

„Vor der Kaserne / Vor dem großen Tor / Stand eine Laterne / Und steht sie noch davor / So woll’n wir uns da wiederseh’n, / Bei der Laterne woll’n wir steh’n / Wie einst, Lili Marleen.“ – Lili Marleen. Ein weit verbreitetes, wehmütiges Soldaten-Liedchen. Der Schriftsteller Hans Leip schrieb den Text, als er während des Ersten Weltkriegs in Berlin dem Vaterland zu dienen hatte. Erst 1937 komponierte Norbert Schultze die bis heute viel gesungene Melodie dazu. Bekannt und zu einem der ersten deutschen Millionen-Hits wurde das Lied dann in einer Version, die Lale Anderson sang; sie stammte aus Bremerhaven und war in den 1920er und 1930er Jahren ein bekannter und beliebter Star der Berliner Chanson- und Kabarett-Szene.

Unter grell-weißen Spot-Lights präsentierte einige Jahrzehnte später ein jugendlicher Musikfreund und Schnellsprecher namens Ilja Richter die Hits seiner Zeit und Generation. Heute spielt er, leicht ergraut, Theater in Berlin und setzt sich für den Erhalt eben jener Berliner Gaslaternen ein, unter denen vor langer Zeit einmal die traurige Lili Marleen vergeblich ausharrend Stunde um Stunde zubrachte.

44.000 dieser Trottoir-Beleuchtungen gibt es noch in der deutschen Hauptstadt; das ist mehr als die Hälfte aller weltweit existierenden Gaslaternen. Die finanzielle Dauerkrise des Stadtstaates führte dazu, dass der Unterhalt der Berliner Straßenbeleuchtung privatisiert wurde. Und nun gibt es seitens der Investoren massive Forderungen, das traditionsreiche gold-gelbe Licht der Gasbeleuchtung komplett durch Elektrolicht zu ersetzen. Dagegen wendet sich eine sehr aktive Bürgerbewegung zu der neben Ilja Richter auch andere Prominente gehören. Eine aktuelle Petition an den Regierenden Bürgermeister wurde von über 20.000 Personen unterschrieben. Am 29. Oktober findet in der Komödie am Kurfürstendamm ein “Protestabend” statt, an dem u. a. Katharina Thalbach, Thomas Quasthoff, Klaus Hoffmann und Anita Kupsch teilnehmen wollen.

Während in Berlin vermutlich demnächst die traditionsreichen Gaslaternen gelöscht und abgebaut werden – derweil die Neonröhren am neuen Großflughafen immer noch nicht eingeschraubt sind – hat man knapp 200 Kilometer weiter südlich auf alten zernarbten Holztischen weiße Wachskerzen angezündet. Um die Tische und auch dazwischen dichtes Menschengedränge. Im Leipziger Café Puschkin liest heute abend die lokale Schriftsteller-Legende Clemens Meyer. Vor ihm, im Schein einer grün umschirmten Lampe aus dem Ikea-Sortiment, liegt eine sichtlich viel genutzte Ausgabe seiner Stories “Die Nacht, die Lichter”. Draußen, in der regen Südstadt-Straße, fallen erschöpft die nassen Blätter der Allee-Bäume zu Boden. Und drinnen in den überfüllten, überhitzten Räumen der Kneipe mit dem beziehungsreichen Namen, beginnt des Dichters Lesung:

“Ich stehe am Fenster und blicke durch die Jalousie rüber zum Bahndamm. Die Laternen leuchten gelb, es muss schon Abend sein. Da steht ein Mann im Licht der Laternen. Er dreht sich weg…”

Ficus, André; Walser, Martin: Heimatlob. – Gebunden bei Gessler, Taschenbuch-Ausgabe bei Insel; antiquarisch bereits ab 1 Cent (!) zu bekommen.

Grawe, Christian (Hrsg.): “Alles kommt auf die Beleuchtung an”. Fontane zum Vergnügen. – Reclams Universal-Bibliothek, 9317

Hesse, Hermann: Klingsors letzter Sommer. – Suhrkamp, verschiedene Ausgaben und Auflagen.

Leip, Hans: Die kleine Hafenorgel. Gedichte und Zeichnungen. – Christian Wegner Verlag, 1937 (nur antiquarisch).

Meyer, Clemens: Die Nacht, die Lichter. – S. Fischer, 2008 (als Fischer-TB, 2011)

Sudeleien: Mitte September 2011

Endlich Herbst!

Beim Sovormichhindenken: “Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. / Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, / und auf den Fluren laß die Winde los.” Rainer Maria Rilke hat die Verse im Stile eines Gebets geschrieben. Das war vor 110 Jahren. Das Gedicht heißt “Herbsttag” und wird auch heute noch gerne gelesen oder vorgetragen.

Der Aufbau-Verlag schrieb mir vor zwei Wochen: “Sehr geehrter Herr Haag, der Sommer neigt sich dem Ende entgegen, die Tag werden kürzer. Doch uns Leser kann das nicht schrecken – denn es bedeutet gemütliche Spätsommerabende im Lieblingssessel mit neuen, spannenden Büchern.” “Naaaja”, würde dazu ein ehemaliger Großkritiker aus Frankfurt am Main mit skeptisch faltiger Grimasse nuscheln, “das wollen wir doch erst einmal sehen.”

Ja, inzwischen ist der Sommer wohl wirklich am Ende. Schade eigentlich. So müssen wir nun wieder für lange Monate auf Liebgewonnenes verzichten. Auf üppige Weiblichkeit in knapper Ha-und-em-Badeware. Auf angegraut schwergewichtige Männlichkeit in Zeh-und-ah-Shorts, braunen Socken und Outdoor-Fussbesohlung. Auf allerhand exotische Eissorten wie “Smarties”, “Prosecco” oder “Kockovääh”.

Dafür kehrt das eine oder andere zurück, das wir viel zu lange entbehren mussten. Der Kaffee im Freien mit von Heizstrahlern erhitzten Gesichtern und vereister Rückenpartie. Dauerbenieselung von oben. Spätes Morgendunkel und frühes Abenddämmer. Frischer Gegenwind (s.oben). Bunte Blätter reichlich fallend. Die vielfach um Hals und Kinn geschlungenen Endlos-Häkel-Schals. Und – fast schon zu hören am Zeithorizont – das süßliche Gebimmel konsumfordernder, nicht endenwollender Weihnachtsmärkte.

Am liebsten sind mir Buchhandlungen mit nem Cafè drin. Dort saß ich neulich und las in dem Büchlein, das ich soeben erworben hatte. Andreas Maiers Kolumnenband “Onkel J.” Bevor sie von Suhrkamp hier zu schmalem Werk versammelt wurden, erschienen die kleinen Perlen in der österreichischen Literatur-Zeitung “Volltext”. Die kann man sehr gut ins Caféhaus mitnehmen. Zum Thema Herbst stand in des Wetterauer Dichters geistvoll sprunghaften Kurz-Essays eigentlich nichts drin. Aber neben dem Begriff “Umgehungsstraße” wird ein Getränk namens “Äppelwoi” häufig erwähnt. Und reife Äpfel riechen ja schon ziemlich kräftig nach Herbst.

Der oder die vor mir da saß, wo ich jetzt saß, hatte Schokolade nicht gegessen, sondern auf der nun von mir genutzten Sitzfläche verteilt. Ich merkte es erst als die Vollmilch-Schmiererei via Hosenbein und rechte Hand auf Andreas Maiers Glanzstückchen “Neulich las ich den Taugenichts” auftauchten.

Kann sich noch jemand an vorletztes Jahr erinnern? Möchte man nicht wirklich, wa? Im Spätsommer, Frühherbst war Wahlzeit. Vierundzwanzig Monate später wissen wir, was wir damals angerichtet haben, als wir die Wahl hatten und würden gerne wieder wählen. Aber bestimmt nicht wiederwählen. Jedenfalls boomen jetzt Wirtschafts-Thriller, die seltsamerweise alle im Sachbuch-Regal stehen. Untergangsszenarien und Weltrettungskonzepte sind besonders begehrt: “Geld oder Leben: Eine Reise durch den Wirtschaftswahnsinn”, “Markt ohne Moral: Das Versagen der internationalen Finanzelite”, “Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft”.

Ich lese am liebsten jahreszeitlich antizyklisch. Also im Herbst “Frühlingserwachen” (Streichen Sie das. Ist nicht wirklich ein Frühlings-Buch.). Im Sommer Fontanes großes Winter-Epos “Vor dem Sturm”. Und in winterwarmer Stube, aus der unser melancholischer Blick durch Eisblumen in wolkig weißen Winterzauber fällt, Sachen wie… Naja, kennt man alles. Aber bitte keinen Hemingway! Obwohls da oft heiß ist oder zumindest hergeht. Aber für mich auf keinen Fall Hemingway. Da kann ihn Gourmet Ortheil noch so doll finden. So lauthalse Kerligkeit die mit Gewehren fuchtelt, auf afrikanisches Großwild schießt und auch so schreibt, mag ich einfach nicht. Auch nicht midnight. In Paris.

Apropos melancholisch. Schwermut, Trauer, Melancholie, aber auch so eine unbestimmte heitere Endzeit-Stimmung sind ja Gefühlsregungen, die gerne mit dem Herbst in Zusammenhang gebracht werden. Und Nachdenklichkeit. Viel verspreche ich mir von Heidemarie Bennent-Vahles “Glück kommt vom Denken. Die Kunst, das eigene Leben in die Hand zu nehmen.” Hoffentlich ist es so philosophisch wie Titel und erste Rezensenten andeuten und nicht so ratgebermäßig wie der Untertitel klingt.

Ob ich diesen Herbst überhaupt dazu komme, Titel aus dem Hause Aufbau (s. oben) zu lesen, ist eher fraglich. Die Kartei-Kärtchen mit interessanten, vielversprechenden Neu-Erscheinungen des Sommers und des Herbstes vermehren sich rasant. Und die eine oder andere steht schon neben dem Schreibtisch im Regal. Von zwei Büchern kann ich dabei Finger und Augen kaum noch lassen. Wenig erstaunlich, da sie bei meinen Tübinger Lieblingen von Klöpfer & Meyer erschienen sind. Viel will ich heute nicht verraten – werde demnächst ausführlicher darüber berichten. Nur so viel: Es geht um Hölderlin und es geht um Hegel. Aber wohl aus ganz anderer Perspektive und in anderer Form als in den gewohnt und meist gemiedenen Ernst-Schwarten.

Aber erst einmal gibt es ein paar Bilder und Sätze zu Goethe. In Kürze. Hier.

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Herbst MMX: So geht es weiter.

Erreichen eigentlich die Künstler unserer Tage ihre Zeitgenossen noch? Sind sie in der Lage den Blitzlicht-Gewittern, den allgegenwärtigen bewegten, aber kaum noch bewegenden Bildern, den penetranten Verkündern, Verheißern und Verführern aus Wirtschaft, Technik, Politik und Unterhaltungs-Industrie etwas entgegen zu setzen? Gibt es sie überhaupt noch, die Eigenbrödler und Spinner, Narren und Poeten, Neugierigen, Fragenden, Zweifelnden, in ihren Nischen, Ateliers und Dichterstuben? Jene, die Melancholie und Hoffnung beschreiben, Vergangenheit und Einsamkeit besingen, Träume und Utopien malen? Mehr als der Frühling, war deren Jahreszeit immer schon der Herbst.

Der Herbst heute, ist eine schnelle, übervolle, arbeitsreiche und hektische, aber auch spannende, an Eindrücken reiche, Jahreszeit. Für Dichter und andere Künstler dankbar und ergiebig. Dabei nicht stürmend und drängend, aber immer wieder stürmisch und bewegend. Er macht herrlich traurig und kreativ, regt an zu Nachdenklichkeit und tätigem Rückzug.

Emil Nolde: Abendhimmel

Reiche Ernte für Beobachter,  Berichterstatter, Chronisten und in der Folge die Qual der Wahl, was wert erscheint notiert und weitergegeben zu werden. Für dieses Blog sind für die nächsten Wochen und Monate deshalb Sichtung und Auswahl gefragt. Erste Entscheidungen zeichnen sich bereits ab: Es geht zu literarischen Orten in Württemberg, Argentinien, Niedersachsen. Es gibt Neues von Günther Grass, Michael Ebmeyer, Arno Schmidt. Arno Schmidt wird uns dann noch in einer ganz alten Geschichte begegnen, in der auch Hermann Hesse mitspielt. Und an Thomas Mann kommen wir einmal mehr auch nicht vorbei.

Rings, ein Verstummen, ein Entfärben: / Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, / Sein welkes Lauf ihm abzuschmeicheln; / Ich liebe dieses milde Sterben.

So dichtete einst Nikolaus Lenau. Die Wenigsten leben heute noch im Einklang mit dem natürlichen Jahreslauf, dem Rhythmus der Jahreszeiten. Der Herbst 2010 wird sein wie die meisten in den letzten Jahren: Übervoll mit Ereignissen, Neuigkeiten, Aufgeregtheiten, Hektik, Nervosität und Konsum. Man kann das bedauern oder sich kopfschüttelnd abwenden. Man kann auch versuchen, mit gezielter Auslese und genussvoller Beschränkung einen eigenen Weg zu gehen. Durch Herbstgewitter, späte Sonnentage und lichte Nebel. Dabei freue ich mich über alle, die gelegentlich in den kleinen Seitenpfad zu „Literatur*Orte*Spuren“ abbiegen.